Frei wie der Wind
Mai 2017 | St. Martin - Atlantiküberquerung
Am Freitag den 21.04. ankern wir wieder in der Marigot Bay auf St. Martin und erholen uns erstmal von der
Fahrt von den BVI´s hierher. Hermann ist etwas angeschlagen, denn er hat für die Fahrt den Außenborder
demontiert und sich dabei verhoben. Die nächsten 2 Wochen wollen wir alles für die 2. Atlantiküberquerung
vorbereiten. Auf der ToDo-Liste stehen Dinge wie: Gasflasche füllen lassen, 3 Dieselkanister kaufen, Diesel
tanken, Riggcheck, Trinkwasser kaufen, Lebensmittel bunkern, Windpilot montieren, Schlauchboot sauber
machen, zerlegen und unter Deck verstauen usw.
Die erste Woche auf St. Martin ist das Wetter sehr
wechselhaft und eher bewölkt als sonnig. Wir lassen
es mit den Vorbereitungen langsam angehen und
geniessen die verbleibende Zeit in der Karibik.
Hermanns Rückenschmerzen werden schlimmer,
sodass er sich kurz vor seinem Geburtstag kaum
mehr bewegen kann. Wir gehen zum Arzt, der ihm
einige Medikamente verschreibt und Ruhe
verordnet. Hermann verbringt 3 Tage, darunter auch
seinen Geburtstag, im Liegen, die Medikamente
schlagen an und ihm geht es von Tag zu Tag besser.
Natürlich wirft uns das in unseren Vorbereitungen
zurück.
Um das angedachte Startdatum 06.05. zu halten, da
das Wetter gut aussieht, gehen wir am 03.05. in die Marina Fort-Louis und mieten für einen Tag ein Auto, um
die Vorbereitungen zu erleichtern und zu beschleunigen. Wir
kaufen auf zwei Mal die benötigten Lebensmittel und das
Trinkwasser. Nachdem das erledigt ist, nutzen wir das Auto
und fahren nochmal auf die niederländische Seite und
besuchen den berühmten Maho Strand direkt am Flughafen.
Wir bunkern insgesamt 180l Trinkwasser in Flaschen, 420l
Diesel, 300l Wasser in 2 Tanks, 10kg Propangas und machen
das Schiff startklar.
Die letzten 3 Tage sind anstrengend aber wir wollen am
Wochenende vom 06./07. los. Den Samstag schaffen wir nicht,
jedoch am Sonntag checken wir vormittags aus, duschen
nochmal und kochen vor, fahren aus der Marina und gehen vor
Anker, Hermann geht nochmal ins Wasser, um das
Unterwasserschiff zu checken. Mit einer Runde durchs
Ankerfeld verabschieden wir uns von der Karibik. Dann geht es um kurz vor 1300Uhr los.
Aber wir sind nicht allein. Am Tag zuvor ist SY Punctulum ausgelaufen und mit uns laufen SY malwieder und SY
Florentine aus. Wir haben uns zu einer täglichen Funkrunde auf Kurzwelle verabredet.
1. Seetag: keine Zeit zum Eingewöhnen (Wassertemp. 27,6°C)
Als wir aus der Bucht herausfahren, merken wir schnell, dass wir Anguilla unter Segeln nicht östlich umrunden
können, der Wind kommt von vorne. Wir wollen Sprit sparen, deshalb entscheiden wir Anguilla westlich zu
umrunden. Mit Wind aus E 4-5 von hinten machen wir gut Fahrt. Als wir Anguilla mit den vorgelagerten Inseln
hinter uns lassen, wird die Welle größer und wir fahren ca. 60 Grad am Wind. Die Nacht ist durchwacht, da der
Wind auf 5 Beaufort auffrischt und böeig ist. Das Groß fahren wir mit dem 1. Reff. Wir bekommen sehr viel
Wasser übers Deck, sind mehr U-Boot als Schiff. Ein paar Undichtigkeiten an Fenstern und Lüftern machen sich
bemerkbar. Den ersten Seetag zur Eingewöhnung haben wir uns anders vorgestellt. Erst in der Früh lässt der
Wind etwas nach.
2. Seetag: ruhiger Segeltag (Wassertemp. 27,2°C)
Wir haben angenehme 20kn aus Ost, wir segeln
gemütlich dahin. Hermann kontrolliert das Rigg. Wir
haben einige Termine zum Funken, mit Orion und Nalu,
mit Intermar, in die ARC Funkrunde wollen wir reinhören
und abends die Funkrunde unserer “Reisegruppe”. Die
Funkverbindung zu den Winlink-Servern um das Wetter
zu holen ist mittags schlecht, erst nachmittags gelingt es.
Den Tag über machen wir immer wieder Nickerchen,
Appetit haben wir keinen. Das Wetter war schön mit viel
Sonne. Abends gibt es Brotzeit, dann geht´s in die Nacht,
die deutlich ruhiger verläuft als vorige. Keine
Schiffssichtung obwohl “malwieder” nur 12sm hinter uns
ist.
3. Seetag: trübes Wetter (Wassertemp. 26,1°C)
Wir frühstücken gemütlich. Es ist trüb, die Sonne kommt nicht durch. Wir reffen aus, da der Wind abnimmt.
Hermann klebt sich ein Plaster gegen Seekrankheit hinters Ohr. Zum Mittagessen gibt es Würschtl. Die ARC
Funkrunde ist nicht aufzunehmen und ich kann in der Früh kein Wetter herunterladen. Eine Verbindung zu Nalu
oder Orion ist auch nicht möglich. Die Welle wird immer weniger und der Wind auch.
Am Nachmittag wechseln wir die Fok durch die Genua aus. Die Nachmittagsfunkrunde können wir nicht hören,
haben aber Kontakt zu SY Atair. Um 1800Uhr Karibikzeit kann ich den Positionsreport und das Wetter senden
bzw. abrufen. Wir motoren für 4 Std., können aber dann die ganze Nacht durchsegeln.
Die Nacht ist ruhig. Um 0600 Karibikzeit kommt ein Tanker von hinten, die Peilung steht und mehrmaliges
anfunken führt zu keiner Reaktion, um einen Zusammenstoß zu vermeiden, machen wir eine Wende und
weichen aus.
4. Seetag: Eingewöhnung läuft! (Wassertemp. 25,4°C)
Der Tag beginnt mit bedecktem Himmel, die Sonne kommt aber schon langsam durch. Nach der Begegnung mit
dem Tanker frühstücken wir. Der Wind wird immer weniger. Der Vormittag vergeht mit schlafen, lesen und
funken (schlechte Verbindung). Mittags gibt es Eier mit Speck. Am Nachmittag sichten wir ein weiteres Schiff.
Die Funkrunde mit SY malwieder klappt, haben Konktakt mit “Punctulum” und “malwieder“ auch “Meerstern”
und “Florentine” können wir hören. Der Nachmittag vergeht mit Kaffee trinken, lesen und spielen. Zum
Abendessen gibt es Ratatouille. Wir fahren seit ein paar Stunden unter Motor. Bevor es dunkel wird, baumen
wir die Genua aus, da der Wind von achtern kommt.
Die Nacht ist unruhig da wir mit dem Motor schieben,
wieder ein großes Schiff sichten und einige
Schauerzellen mit Regen über uns hinweg ziehen. In
der Ferne sehen wir Wetterleuchten. Am Morgen ist
immer noch Flaute.
5. Seetag: Flautentag (Wassertemp. 25,4°C)
Kontrolle der Schleppleine ergibt, dass der Köder
abgebissen wurde. Der Wind ist zu schwach, sodass
wir weiterhin unter Maschine laufen. Nach dem
Frühstück kontrolliert Hermann den Dieselstand. Wir
nehmen an der Funkrunde teil. Der Tag ist ruhig (bis
auf den Motor). In der Funkrunde wird der
Wetterbericht von Intermar vorgelesen. Es soll Wind
aus SW mit 15-20kn kommen. Die erste Nachthälfte
fahren wir unter Maschine. Wir sichten einen Tanker, der uns in gutem Abstand passiert. Zwischenzeitlich regnet
es stark. Die Nacht ist stockfinster. Um 0300 Karibikzeit setzten wir das Großsegel und die Genua und laufen
unter Segeln weiter. In der Früh sichten wir ein Kontainerschiff und eine Schule von Delfinen versüßt uns den
Start in den Tag.
6. Seetag: 2. Flautentag (Wassertemp. 24,8°C)
Heute Früh ist es stark bewölkt. Im Laufe des Tages reißt es auf und am Nachmittag scheint die Sonne. Der Wind
aus achterlicher Richtung ist zu schwach um zu Segeln, wir unterstützen mit Maschine. Der Bordalltag hat sich
etabliert. Abends gibt es Nudeln mit Gemüsesauce und Rohkostsalat. Keine Schiffsichtung. Bei den anderen
Schiffen ist auch alles in Ordnung. Nach dem Abendessen ziehen wir das Groß wieder hoch, denn der Wind wird
stärker. Die Nacht über können wir segeln. Das Boot rollt, da wir “Schmetterling” segeln. In der Früh schiften wir
jeweils das Groß und das Vorsegel mit Baum auf die andere Seite, da der Wind weiter auf W drehen soll. An
Hermanns Schleppleine hat sich leider nur eine Alge verfangen.
7. Seetag: Abschied von karibischen Temperaturen (Wassertemp. 24,3°C)
Der Tag verläuft unspektakulär mit Funkrunde, lesen, schlafen, Müll schneiden. Um 1700 Uhr Karibikzeit bauen
wir den Baum ab, da der Wind mehr von der Seite kommt. Es gibt Bratkartoffeln mit Spiegelei. Die Funkrunde ist
unterhaltsam, haben auch Kontakt zu “Florentine”. Wir
gehen früh ins Bett. In der Nacht friert es uns langsam,
noch schlafen wir nur mit Bettüberzug ohne Decke. Ab
0200 Uhr Karibikzeit wird der Wind zu schwach, wir
motoren. Um 0600 Uhr Karibikzeit setzen wir den
Genacker aber auch für diesen ist der Wind zu wenig
und die Welle zu hoch.
8. Seetag: Fisch an der Angel (Wassertemp. 25,1°C)
Wir fahren mit Motor einen am Wind Kurs. Ab halb 10
Uhr Karibikzeit kommt mehr Wind auf und wir fahren
mit Genua und Groß. Kurz vor mittag beißt eine
Goldmakrele (2-3 Tage nach Vollmond). Frederico von
Intermar kann ich erstmalig hören aber nicht
verstehen. SY malwieder ist auch auf der Frequenz und
wir plaudern über das Wetter. Nachmittags backe ich
einen Kuchen. Wir segeln ab dem Vormittag wieder. In der Funkrunde gibt es Neuigkeiten von “Meerstern”, die
in heftigen Wind gekommen sind und das Boot einige Schäden davon getragen hat. Nach der Funkrunde
müssen wir den Motor wieder starten, da der Wind nachläßt. Laut Wetterbericht kommt eine Flaute. Wir
schauen uns einen Film an, abends gibt es Asia-Nudeln, da wir keinen großen Hunger haben. In der Nacht laufen
wir unter Motor. Der Wind nimmt weiter ab. Die See ist glatt bis auf eine lange Dünung. In der Früh begegnet
uns ein Motorboot.
9. Seetag: Fischtag (Wassertemp. 23,6°C)
Wir sind heute früh wach, da wir Segel setzen. Wir frühstücken 2 mal. Um 1300 UTC (0900 Uhr Karibikzeit) ist
die Vormittagsfunkrunde. SY Meerstern wir um 1400UTC auf der 6tausender Frequenz sein. Es gibt weitere
Probleme. Eine undichte Wellendichtung und damit 200l Wasser im Schiff. Die Funkrunde steht mit Rat zur
Seite. Zum Mittag wollen wir die erste Portion der gefangenen Makrele essen. Der Wind ist mal zu schwach zum
Segeln mal geht´s. Wir starten den Motor mehrmals zur Unterstützung, denn wir müssen Nord machen bevor
die nächste Flaute kommt. Wir lesen und spielen um uns die Zeit zu vertreiben. Die Nachmittagfunkrunde ist
informativ. Nach der Funkrunde schauen wir uns einen Film an, dann bereitet Hermann die 2. Portion des
Fisches zu. Der Fisch ist fast fertig da kommt ein Schiff von hinten und ist auf Kollisionskurs. Wir nehmen Gas
raus, da das Schiff keine Anstalten macht Kurs oder Geschwindigkeit zu ändern. Ab halb neun kommt Wind auf,
wir können wieder segeln. Die Nacht ist ohne Motorgeräusch erholsam und ruhig. In der Früh sehen wir ein
Segel hinter uns. Funkkontakt über UKW bestätigt, es ist Jens von der Punctulum.
10. Seetag: schöner Segeltag (Wassertemp. 22,8°C)
Wir frühstücken und freuen uns über den Wind den wir haben. Wir treffen uns in der Funkrunde um 1300 UTC.
Bei den anderen ist alles i.O. und es herrscht die gleiche Begeisterung über den Wind. Jens und ich
programmieren die häufig gebrauchten Frequenzen im Funkgerät. Ein Geburtstagsanruf über Sat-Telefon wurde
getätigt. Wir nehmen an der Funkrunde teil. Da Jens in der Nähe ist, können wir über UKW miteinander
sprechen. Der Wetterbericht wird analysiert. Wir können den ganzen Tag auf Halbwindkurs segeln. Am späten
Nachmittag bauen wir auf “Schmetterling” um. Kurz vorm Dunkelwerden nehmen wir das Vorsegel wieder auf
die gleiche Seite wie das Groß. Jens können wir die erste Nachthälfte sehen, danach nicht mehr. Am nächsten
Tag ist er auch nicht mehr in UKW-Reichweite. Der Wetterbericht wird heruntergeladen und emails geschrieben.
Die Nacht ist ruhig, in der zweiten Nachthälfte frischt der Wind auf, um 0200 reffen wir das Groß. Ab 0800
fahren wir wieder “Schmetterling”. Wir sichten ein großes Schiff. Wir stehen früh auf.
11. Seetag: Halbzeit, Yippi! (Wassertemp. 22,4°C)
Heute ist es trüb und es nieselt. Der Wind bläst mit 20kn aus S. Heute wird Halbzeit (halbe Strecke ist geschafft)
gefeiert. Wir machen gut Fahrt bis in die Nacht hinein. Ich backe einen Kuchen. Die Funkrunden sind wieder
informativ und unterhaltsam. Kurz vor der Nachmittagfunkrunde schiften wir den Schmetterling auf die andere
Seite. Abends feiern wir mit Sauerkraut, Kassler und Würstchen aus der Dose Halbzeit. Abends wird das Wetter
geholt und emails geschrieben. Erstmalig duschen wir im Schiff, da es draußen zu kalt ist. Hermann macht mir
zum Einschlafen eine Wärmflasche weil ich
Bauchschmerzen habe. Gegen Mitternacht wird der
Wind weniger und dreht mehr nach West. Wir motoren
ein paar Stunden, können dann aber wieder auf einem
Bug segeln. In der Nacht regnet es.
12. Seetag: Segelnde Quallen (Wassertemp. 21,7°C)
Heute scheint wieder die Sonne, wir segeln einen am
Wind Kurs und kommen mit 4kn vorwärts. In der
Morgenfunkrunde ist das Hauptthema Wetter, da sich
ein Tief mit Ausläufern bis auf unsere Höhe auf uns zu
bewegt. Kurz vor Mittag wird der Wind zu schwach, wir
schmeißen den Motor an. Hermann ist heute sehr
müde. Wir klappen das Bimini (Sonnenschutz) weg, das
brauchen wir nicht mehr und planen wie wir dem Tief
begegnen. Seit in der Früh treiben portugiesische Galeren an uns vorbei, das sind Quallen die “segeln”. Am
Nachmittag sichten wir ein Schiff. Zum Abendessen gibt es Rohkostsalat, Nudeln mit Bolognese und Apfelmus
als Nachtisch. Da es so schön sonnig ist, duschen wir draußen. Für die Nacht wollen wir 6 Std. Wachen
ausprobieren. Die Nacht ist sternenklar, der Mond geht auf. Die See ist spiegelglatt bis auf eine lange Dünung.
Die Nacht verläuft unspektakulär.
13. Seetag: Sturmtaktik (Wassertemp. 21,6°C)
Um halb vier Uhr (Karibikzeit) dämmert es. Die 6 Std. Wache gefällt mir gut. Heute haben wir wieder strahlend
blauen Himmel. Wir frühstücken draußen. Ich hole noch den Wetterbericht und Hermann schneidet Müll. Heute
haben wir 3-4 Bft. aus NNW und wir laufen mit 3,5 bis 4 kn dahin. Bestimmendes Thema in der Funkrunde ist
wieder das herannahende Tief. Intermar ruft, kann mich aber nicht aufnehmen. Wir haben Besuch von einem
einzelnen Delfin, der hohe Sprünge aus dem Wasser vollführt. Zum Abendessen gibt´s Falafel-Döner-Teller. Die
Nacht ist unruhig. Wir fahren Schmetterling und rollen stark. In der Früh haben wir die Segel geschiftet.
14. Seetag: Ausweichkurs (Wassertemp. 20,7°C)
Heute scheint wieder die Sonne. Wir laufen Richtung Osten vor dem Wind nachdem wir geschiftet hatten, um
dem Tief nicht näher zu kommen. In der Vormittagsfunkrunde geht es um die Wetterentwicklung und das
nahende Tief. Hermann sonnt sich und holt sich einen leichten Sonnenbrand. Ich lege mich Vormittags zum
Schlafen hin, da die Nacht nicht erholsam war. Dann lesen und spielen wir. Wir laufen unter Schmetterling nach
ENE mit 4-5kn. Haben zu spät zur Nachmittagsrunde eingeschalten und wurden schon vermisst. Dann gibt´s
Kaffee und Kuchen. Abends gibt es Brotzeit. Wir sind zu müde um einen Film zu sehen. Die Nacht verläuft
einigermaßen ruhig. In der 2. Nachthälfte brist der Wind auf und wir machen gut Fahrt. In der Früh dreht der
Wind auf SW und wir fahren wieder auf einem Bug. Es ziehen noch ein paar Schauer vorbei, treffen uns aber
nicht.
15. Seetag: Starkwindnacht (Wassertemp. 20,3°C)
In der Früh haben wir 20kn Wind und machen gut Fahrt. Nach der Morgenfunkrunde kommt die Sonne wieder
raus. Mittags kommt eine Schule Delfine vorbei und schwimmt mit Freedom. Wir vertrödeln den Tag mit lesen,
spielen und schlafen. Abends mache ich eine Paella. Wir fahren immernoch Ost, um dem Tief nicht näher zu
kommen. Nach der Nachmittagsfunkrunde hole ich nochmal den Wettebericht. Die erste Nachthälfte ist ruhig.
In der zweiten Nachthälfte böht der Wind immer wieder auf bis zu 30kn auf, der Tiefausläufer hat uns erreicht.
Das Groß fahren wir im 2. Reff und die Genua im 1.
Um 0600 Uhr Karibikzeit baumen wir die Genua auf Stb aus und fahren Schmetterling endlich Richtung Ziel.
Die See ist aufgewühlt, die Wellen 3-4m hoch. Hermann muss sich ein Pflaster gegen Seekrankheit kleben und
kann nicht mehr schlafen. Er überwacht den Windpilot. In der Nacht haben wir sternenklaren Himmel. In der
Früh ist der Himmel noch blau, dann ziehen Wolken auf und es fängt an zu regnen. Wir machen die Heizung an.
16. Seetag: Der Wind dreht, das Tief ist durch! (Wassertemp. 20,2°C)
Heute ist es grau in grau, der Wind und die Wellen lassen kein ordentliches Frühstück zu. Es gibt nur Kaffee und
Müsli. Kurz vor der Morgenfunkrunde fällt der Windpilot immer weiter ab. Die Segel stehen back, Gott sei Dank
hält der Bullenstander den Großbaum an Ort und Stelle! Der Wind hat plötzlich von SW auf NW gedreht und es
regnet in strömen. Der Winddreher sagt uns, dass das Tief vorbeigezogen ist. Wir schiften die Segel im Regen
und sind danach komplett durchnäßt, wir schalten die Heizung an, um unsere Sachen zu trocknen. Der Wind
weht den ganzen Tag mit 20kn, der Himmel ist bewölkt und es tröpfelt ab und zu. Das Bordleben ist
eingeschränkt. In der Nacht brist der Wind bis auf 30kn auf. Wir bergen das Groß und fahren nur mit Vorsegel
weiter. Wir verkriechen uns im Schiff. Der Windpilot steuert gut bei diesen Bedingungen. Die Nacht ist früh zu
Ende. Wir bauen den Baum am Vorsegel weg und setzen die Genua mit einem Reff.
17. Seetag: nächstes Tief im Anmarsch (Wassertemp. 19,8°C)
Wir frühstücken draußen, der Himmel ist immer noch bedeckt. Die Böen haben nachgelassen, wir fahren
allerdings weiterhin mit gereffter Genua, da wir Fahrt rausnehmen wollen, um das nächste Tief, was sich immer
weiter verstärkt, vorbeiziehen zu lassen. In der morgendlichen Funkrunde geht es auch um die Sturmtaktik. Das
Schiff liegt unruhig, wir schlafen und lesen. Mittags sehen wir einen Segler der uns relativ nah kommt mit
kompletter Sturmbesegelung, keine Reaktion auf unseren Anruf über UKW. Der Wind flaut noch nicht ab, das
Meer ist immer noch aufgewühlt. Wir gehen früh ins Bett. In der Nacht sehen wir einen Frachter. In der Früh
wird der Wind weniger. Wir setzten das Groß und fädeln das 3. Reff ein, um für das herannahende Tief das Segel
noch weiter verkleinern zu können. Wir lassen das Notstromaggregat laufen um Strom zu machen.
18. Seetag: Ruhe nach dem Sturm (Wassertemp. 20,3°C)
Die Sonne ist raus gekommen. Wir frühstücken gemütlich. Der Wind kommt aus NW mit 15kn. Wir haben ein
kleines Vorsegel draußen und das Groß im 3.Reff. Mittags gibt es Asia-Nudeln. Der Tag vergeht mit schlafen und
lesen. Ich backe einen Kuchen. In der Nachmittagsrunde
geht es um die Strumtaktik, das Tief bringt mehr Wind
als das letzte mit sich und verstärkt sich jeden Tag und
wird uns in 2 Tagen treffen. “Malwieder” hat nur noch
150sm in den sicheren Hafen und gibt Gas um es vor
dem Tief hinein zu schaffen. Wir können es unter keinen
Umständen schaffen, deswegen bremsen wir unsere
Fahrt. Wir gehen früh schlafen. In der Nacht müssen wir
ein paar Stunden motoren, in der Früh können wir
wieder segeln.
19. Seetag: Vorbereitungen laufen (Wassertemp. 19,8°C)
Wir hatten eine ruhige Nacht und haben bis halb acht
geschlafen, dann gabs Frühstück und Morgenfunkrunde.
Um 1100 Uhr Karibikzeit haben wir uns nochmal
zusammengerufen. Ich habe den aktuellen Wetterbericht
runtergeladen. Es geht um das Tief, dass uns morgen erreicht. Danach haben wir die Genua runtergenommen
und durch die Fok ersetzt in Vorbereitung für den Starkwind. Alles wird strumfest gemacht und es wird
vorgekocht, ich backe noch ein Brot und die letzten Kartoffeln werden zu Kartoffelsalat verarbeitet. Ab 2100 Uhr
Karibikzeit wird der Wind aus W stärker und wir drehen bei, um einerseits keinen Weg mehr nach Osten zu
machen, das würde die Ausgangssituation für den Restweg bis Fajal verschlechtern und Weg nach Norden
wollen wir auch noch nicht machen, da der Wind nördlich von uns noch stärker ist.
20. Seetag: Abwettern (Wassertemp. 20,3°C)
Die Nacht war ruhig aber früh zu Ende. Ab halb 5 Uhr
Karibikzeit nimmt der Wind immer mehr zu. Wir
messen konstant 30kn mit Böen bis 42kn. Der
Himmel ist grau, dass Meer aufgewühlt, der Wind
pfeift im Rigg und die Wellen sind 4-5m hoch. Wir
sitzen angeleint in voller Montur draußen und
schauen uns das Spektakel an. Wir haben immer
noch beigedreht. Ab 0900 Uhr Karibikzeit nimmt der
Wind etwas ab. Konstant 25kn mit Böen bis 32kn.
Wir hatten schon überlegt vor dem Wind abzulaufen,
hätte sich der Wind nicht beruhigt, da das Schiff
immer wieder angeluvt hat und unruhig lag. Wir
warten und wachen den ganzen Tag. Nach der
Nachmittagsfunkrunde wird der Wind weniger und
wir gehen wieder auf Kurs. Das Schiff liegt ruhig und
schneidet durch die hohen Wellen, was wir nicht
erwartet hatten. Wir machen gute Fahrt und rauschen mit 6-7kn dahin. Zum Schlafen gehen, reffen wir. In der
Früh scheint schon wieder die Sonne als wäre nichts gewesen. Wir machen immer noch gut Fahrt und können
ausreffen.
21. Seetag: Endspurt (Wassertemp. 18,7°C)
Wir haben noch 300sm vor uns, jetzt geben wir Gas um endlich anzukommen. Erstmal machen wir das Schiff
wieder klar nach dem Sturmtag. Wir duschen und frühstücken gut. Die Sonne scheint und wir genießen die
Wärme. Wir machen abwechselnd Mittagschalf. Ab Nachmittags starten wir den Motor und lassen ihn
mitlaufen. In der Nacht müssen wir das Vorsegel wegnehmen und ins Groß das 2. Reff einbinden, da der Wind
nachgelassen hat und die Segel schlagen. Am Nachmittag und in der Früh besuchen uns Delfine. Die Nacht ist
unspektakulär. In der Früh haben wir noch 180sm bis Horta. Uns begegnet ein Tanker.
22. Seetag: Die Ungeduld wächst (Wassertemp. 18,6°C)
Die Sonne scheint, wir frühstücken draußen. In der Früh haben wir die Fok ausgebaumt und fahren
Schmetterling vorm Wind. Wir lassen den Motor mitlaufen, damit wir Strecke machen. Wir wollen ankommen,
ehe uns wieder ein Tief ausbremst!
Der Tag zieht sich, da die Vorfreude auf den Landfall groß ist. Wir schlafen, lesen, spielen, schauen einen Film.
In den Funkrunden geht es um den bevorstehenden Landfall. “Meerstern” ist heute in Fajal angekommen. Wir
sehen 3 Fontainen eine Wals, leider ist er zu weit weg. Abends gibt es Ratatouille mit Reis. Wir duschen warm
und dann geht´s in die letzte Nacht. Wir motoren immer noch und machen gut Fahrt. Die Nacht ist stockfinster.
Der Mond geht kurz nach dem Dunkelwerden auf und nach ein paar Stunden wieder unter. In der Früh überholt
uns eine große Motoryacht.
23. Seetag: (Wassertemp. 18,2°C)
In der Früh haben wir noch 56sm bis Horta, wir sollten es bis zum Dunkelwerden schaffen im Hafen zu sein. Der
Motor läuft immer noch. In der Früh sehen wir Delfine.
Wir backen unser letztes Brot auf, was sehr gut
schmeckt. Wir frühstücken erst nach der Funkrunde, da
wir heute spät dran sind. “Florentine” wird heute
Mittag Landfall auf Flores machen. “Punctulum” hat
noch eine Nacht vor sich und “Atair” braucht auch noch
ein paar Tage.
Erst 15sm vor dem Ziel sehen wir die Insel Fajal, die mit
Wolken umgeben ist und bald haben wir
Handyempfang. Die letzten Meilen ziehen sich. Als wir
die Insel erreichen, hängen die Wolken tief und es
nieselt leicht. Die Einfahrt in den Vorhafen ist
unproblematisch. Außer einem Fischer ist kein Boot
unterwegs. Ich funke die Marina an, mache mir aber
keine große Hoffnung um 2015 Uhr Ortszeit jemanden
zu erreichen, prompt antwortet jemand und dirigiert
uns zum Rezeptionsanleger. Wir gehen längsseits an ein großes Holzboot, dort werden wir übernachten, bis wir
uns morgen in der Marina, bei Immigration und Zoll anmelden können. Der Hafen ist voll mit
Neuankömmlingen.
Wir sind froh endlich angekommen zu sein! Wir ziehen uns an, um die ersten Schritte an Land zu machen. Wir
wollen uns nur die Füße vertreten, kommen dann am legendären Cafe Sport vorbei und treffen Seglfreunde, die
Wiedersehensfreude ist groß!
Nach 22 Tagen auf See freuen wir uns aufs Ausschlafen, ruhig im Hafen zu liegen, frische Sachen zu essen. Wir
haben keine Schäden am Schiff zu verzeichnen und sind gesund angekommen. Wir sind zufrieden, dass wir
zwischen den Tiefs gut durchgekommen sind. Insgesamt haben wir 2.370sm hinter uns gebracht und ca. 300l
Diesel verbraucht. Trinkwasservorräte waren mehr als ausreichend, jedoch waren die Lebensmittel dieses Mal
zu knapp kalkuliert. Auch das Frischwasser in den Wassertanks hat vollkommen ausgereicht.
Jetzt genießen wir erstmal das Hafenleben, das Wiedersehen von Segelfreunden und Besuch aus der Heimat,
der sich angesagt hat.