Frei wie der Wind
September 2016 | Portimao - La Graciosa (E)
Nach 4 schönen Tagen vor Anker in Portimao fahren wir am Mittwoch Vormittag in die Marina, um die
Wassertanks voll zu machen, die Batterien zu laden und alles für die 4-5 Tage lange Überfahrt auf die Kanaren
vorzubereiten. Das Schiff wird nochmal sauber gemacht, das Beiboot wir von der Salzkruste befreit,
zusammengelegt und in der Backskiste verstaut. Hermann musste nochmal auf den Mast hoch, um das kaputte
Ankerlicht auszutauschen. Der Wetterbericht sieht gut aus, d.h. kein Starkwind oder sonstiges in Sicht. Der
Wind soll aus N oder NNE kommen und zwischen 3 und 5
Beaufort stark sein. Für den 3. Tag sind nur 2 Beaufort
angesagt. Die Entscheidung steht, wir fahren morgen den
01.09.! Abends gehen wir nochmal mit der Crew der Moana
zum Essen. Am nächsten Tag wird nochmal ausgiebig geduscht
und Nudelsalat und Fleischpflanzerl vorgekocht.
Um kurz vor eins legen wir gleichzeitig mit SY Moana ab und
fahren Richtung offene See. Die ersten Stunden haben wir nur
wenig Wind, zum
Nachmittag hin
werden es 4 Beaufort.
Am Abend sind wir
dann in der Zufahrt
zum Verkehrstrenn-
ungsgebiet um das Kap Sao Vicente, wo wir einigen Frachtern und
Tankern begegnen, die uns aber alle rechtzeitig sehen und uns
passieren lassen. Außerdem geht uns eine prächtige Makrele an den
Haken.
In der ersten Nacht sehen wir
noch 2 Schiffe. Die Moana
sehe wir die ganze Nacht und auch noch am Vormittag des zweiten
Tages, danach verschwindet sie im Dunst. Wir werden sie erst beim
Landfall wiedersehen. Der erste Tag vergeht langsam, wir beide fühlen
uns nicht ganz fit. Wir haben keinen Appetit, der Schlaf fehlt durch die
Nachtwache, können uns nicht recht beschäftigen und wir haben beide
leichte Kopfschmerzen. So geht´s in die zweite Nacht. Hermann
übernimmt ab ca. 21 Uhr die erste Wache, ich lege mich hin. Nach 2 bis
3 Stunden werde ich meistens wieder wach und löse Hermann ab. Er
kann aber auch nicht länger als 1 bis 2 Stunden am Stück schlafen,
sodass wir wieder wechseln. Wenn die Müdigkeit den Wachhabenden überfällt, stellen wir uns den Wecker im
15Min. Takt und machen Powernapping. So machen wir das die 5 Nächte und funktioniert für uns gut. In der 3.
und 4. Nacht sehen wir kein einziges Schiff, ab 20:30 (portugiesische Zeit, MESZ-1) wird es dunkel. Die Nächte
sind stockfinster, da der Himmel die meiste Zeit bedeckt ist. Die Wellen, die das Schiff verdrängt fluoreszieren.
Hell wird es erst zwischen halb 7 und 7 Uhr. Die Tage vergehen mit der Dauer der Reise schneller, es hat sich
eine gewisse Routine gebildet. Es wird erstmal gefrühstückt, dann Waschen wir uns, die Segelstellung wird
verfeinert / angepasst. Wir beschäftigen uns mit lesen und Musik hören. Wer müde ist, legt sich hin und schläft.
Dann gibt es eine Kleinigkeit zum Essen. Am späten Nachmittag wird geduscht. Abends wird gekocht. Bevor es
dunkel wird, bereiten wir alles für die Nacht
vor. Taschenlampen herrichten, Segelstellung
prüfen, Brotzeit für die Nacht herrichten.
Insgesamt kommen wir langsam voran. Im
Schnitt machen wir 100sm/24h. Der Wind ist
nicht stark und nicht konstant. An einem Tag
probieren wir mit dem Gennaker mehr raus zu
holen. Hermann zählt am 2. Tag schon die
Stunden bis wir ankommen und kommt erst am
4. Tag in die Routine. Der Wetterbericht hat
eigentlich für den 4. und 5. Tag 4-5 Beaufort
angesagt, die sich allerdings nicht einstellen, so
ist klar, dass wir noch eine 5. Nacht brauchen,
bis wir ankommen. Das Wetter während der
Überfahrt ist warm, der Himmel aber immer
teils oder ganz bedeckt.
Das Wasser hier draußen ist tief ca. 4000m und von einem Blau an dem man sich nicht satt sehen kann.
Kurz vor Sonnenuntergang des 4. Tages bekommen wir Besuch von einer Möwe, alles vertreiben bringt nichts,
sie kommt immer wieder angeflogen und landet auf dem Boot.
Nachdem Hermann mit ihr übereingekommen ist, wo sie sich
aufhalten darf, nicht auf dem Bimini, nicht auf unserer warmen
Solardusche, nicht im
Cockpit,...sondern nur auf dem
Vorschiff, begleitet sie uns die
gesamte Nacht, artig auf dem
Vorschiff sitzend, bis sie am
nächsten Tag weiterfliegt.
Als am 6. Tag die Sonne aufgeht,
sehen wir Land und freuen uns auf
den Landfall auf La Graciosa. Um
13:30 Uhr legen wir in Caleta del
Sebo in der Marina an und werden
von der Crew der Moana begrüßt,
die schon gestern abend
angekommen sind. Nach 543sm
freuen wir uns wieder festen Boden
unter den Füßen zu haben. La
Graciosa ist
eine kleine
bewohnte Insel
nördlich von Lanzarote. Die Insel gehört zum Chinijo-
Archipel und liegt in einem maritimen Schutzgebiet. Was im
vorhinein für einige Diskussionen gesorgt hat. In der
Seekarte ist das Schutzgebiet als Sperrgebiet
eingezeichnet, also das befahren verboten, es gibt
allerdings Sportbooteinrichtungen und viele Berichte
von Seglern, die dort waren. Wir haben uns
entschlossen einfach reinzufahren. Außerdem heißt
es man braucht eine Reservierung für die Marina, um
dort anlegen zu dürfen. Aus einem Bericht auf
noonsites von 2011 haben wir 2 Formulare gefunden,
die wir ausgefüllt und an die angegebenen e-mail-
Adressen geschickt haben und es hat sogar
funktioniert. Als wir auf La Graciosa angekommen sind,
standen wir auf der Reservierungsliste. Über das
genaue Verfahren bringen offizielle Seiten allerdings
auch kein Licht ins Dunkel.
Wir freuen uns jedenfalls hier zu sein und feiern das
Ankommen mit der Crew der Moana. Am nächsten Tag
erkunden wir die Ortschaft. Es gibt keine asphaltierten
Straßen, nur Sandpisten. Autos haben hier alle Allrad-
Antrieb.
Als Tourist mietet man sich entweder ein Fahrrad oder läßt
sich mit den 4x4-Taxis fahren. Am 2. Tag machen wir mit
einem Taxi eine Inselrundfahrt, um den Überblick zu
bekommen. Es gibt ein 2. Dorf, indem es allerdings nur
Häuser und keine Versorgungsmöglichkeiten gibt. Es gibt
4 Berge und mehrere schöne Strände. An den darauf
folgenden Tagen laufen wir einmal nach Pedro Barba,
das zweite Dorf, entlang eines Küstenpfades. Dann
leihen wir uns ein Mountainbike und fahren an den
schönsten und einsamsten Strand der Insel Playa de las Conchas und besteigen den Montanja de Bermeja
(157m) und natürlich erholen wir uns von der Überfahrt mit
ausschlafen und nichtstun. Das Wetter ist schön, vormittags
ist es meistens bedeckt, was sich im Laufe des Tages hin zu
einem blauen Himmel entwickelt. Es weht immer ein Wind,
sobald man windgeschützt ist, ist es sehr warm. Wir
genießen die Ruhe und Abgeschiedenheit hier auf der Insel.
Es kommen tagsüber Touristen, die Anzahl ist aber
überschaubar und abends fahren sie wieder nach
Lanzarote. Nach fast einer Woche legen wir ab,
übernachten nochmal vor Anker in der Playa de Francesa
und am nächsten Tag geht´s in den Süden von Lanzarote.